Kurt Hüpfner - Vorm Erahnen der Welt
im Gasthof Schloss Aigen, Salzburg

27. Juli bis 24. August 2022

„Die Welt offenbart sich in lauerndem Zustand; als Kälte, die uns ihr Messer an die Kehle setzt,
oder als träg dahinfließender Strom, von bösen Absichten vorbeigeleitet.“
Kurt Hüpfner, 1998

Kurt Hüpfner hat beinahe sein ganzes Leben abseits der Kunstwelt verbracht und ein beeindruckendes Oeuvre bestehend aus über 2500 Zeichnungen, knapp 200 Skulpturen, 120 Gemälden sowie zahlreichen Assemblagen und Collagen geschaffen. Trotz oder vielleicht gerade weil er so lange im Verborgenen gearbeitet hat, entwickelte er eine eigenständige, kraftvolle Bildsprache. Mit dieser reflektiert er die kunsthistorischen und politischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts.

1930 geboren wächst er in der Zeit des zweiten Weltkriegs in Wien auf, seine Jugenderinnerungen sind geprägt von Bombenangriffen, Luftschutzkellern und Nachkriegschaos. Diese traumatischen Erlebnisse fließen immer wieder in sein gesamtes Schaffen ein. 1947-50 absolviert er eine Ausbildung zum Gebrauchsgraphiker an der Höheren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. 1961 beginnt seine tiefe Auseinandersetzung mit Kunst sowie eine intensive Zeichenpraxis - es entstehen vorwiegend Naturstudien. Während eines Paris-Aufenthalts kommt Hüpfner mit der écriture automatique der Surrealisten in Berührung, er beginnt mit der automatischen Zeichnung zu experimentieren - welche nicht geplant, sondern ohne Kontrolle des Bewusstseins entsteht. Dieses Medium begleitet den Künstler bis heute, viele der entstandenen Zeichnungen wurden Jahre später in Plastiken oder Gemälden weiterverarbeitet.

1963 schafft der Künstler mit Dame mit schöner Frisur seine erste Plastik, die sich durch eine radikale Reduktion von physiologischen Merkmalen auf einfache geometrische Formen auszeichnet. Diese Reduktion auf die Fläche und Form zieht sich durch das weitere Schaffen. Hüpfner sagt selbst: „Mich interessiert nur die Form, da gieße ich dann den Inhalt hinein.“

Die Themen, die den Künstler beschäftigen, reichen von Geschichte über Religion und Mythos bis in die Welt der Vorahnung. Häufig finden sich in seinem Oeuvre tragische Held:innen aus Mythologie und Religion. Eine nachhaltige Rolle spielt der Begriff des Omens, in Hüpfners Verständnis das Spüren der Anwesenheit „eines unsichtbaren Dritten“, er nennt es das „Numinose“ – schaudervoll und anziehend sogleich. Dabei grenzt er sich vom christlichen Glauben ab und bleibt in betont pessimistischer Stimmung: „Lichtgestalten, die sind für mich nicht existent. Aber das Dunkel, das so drohend ist, an das glaube ich schon.“ So entsteht die zentrale Werkserie Omen, welche das Numinose in Form von alltäglichen Begegnungen mit Menschen und Dingen dokumentiert.

Kurt Hüpfner gibt den Betrachter:innen in seinem Oeuvre einen Einblick auf Ereignisse, Religionen und Mythen unserer Welt. Dabei trägt jedes Kunstwerk seine persönliche Handschrift aus Kontur, Fläche und Form – sie lässt uns erahnen, wie der Künstler die Welt vernimmt.

Text: Selin Stütz