BALDINGER. Danse Macabre
19. Jänner - 16. Februar 2023

Die Auflösung bildet das zentrale Anliegen in Baldingers Oeuvre, ob durch quadratische Raster oder das Unkenntlichmachen durch eine Art Verschwimmen des Motivs. Sie rückt auch in Baldingers jüngsten Werken zur Bearbeitung von Holbeins Bilder des Todes wieder in den Mittelpunkt.

Bis heute kennt die Kunstgeschichte keine klare Definition zum Motiv des Totentanz, die ersten bekannten Darstellungen gehen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Was sie alle eint, ist ihre Botschaft: „Spätestens im Tod sind alle Menschen gleich.“

1526 schuf Hans Holbein d. Jüngere 41 Holzschnittentwürfe zum Thema des Totentanz, welche 1538 als Buch Totentanz von Hans Holbein veröffentlicht wurden. Als Neuerung gegenüber mittelalterlichen Totentänzen teilte Holbein den reigenartigen Aufzug der Sterbenden in voneinander unabhängige Einzelbilder, in denen der Tod jeweils auf einzelne Ständevertreter*innen trifft. Holbeins Zyklus beginnt mit der Schöpfung, er schreitet voran zum Sündenfall, der Vertreibung aus dem Paradies, kommt zu den Schicksalen einzelner Berufs- und Standesgruppen und endet schlussendlich mit dem Jüngsten Gericht. Das Besondere in Holbeins Totentanz ist die Aufzählung der einzelnen Schicksale nach Stand. So ist der erste, der vom Tod geholt wird, der Pabst und das Ende bildet der Tod eines Kindes. Dabei ist das gesamte Werk als Sitten- und Ständekritik zu verstehen, so beendet der Tod beispielsweise die Bestechlichkeit des Kaisers als höchstem irdischen Richter oder das weltliche Streben nach Gütern des Kardinals. Zentrale Botschaft ist jedoch auch hier, dass es entgegen allen Bestrebungen der Lebenden am Ende zu einer Auflösung aller Ständeunterschiede kommt.

Die originalen Entwürfe Holbeins sind gerade mal ca. 5 cm groß, dagegen werden die Motive in Baldingers Danse Macabre vergleichsweise riesenhaft vergrößert und durch die Überlagerung mit einem sehr groben Raster beinahe völlig aufgelöst. Baldinger versucht in der Serie dem Unausweichlichen den Schrecken zu nehmen, indem die Werke den Prozess bereits vorwegnehmen.

Text: Selin Stütz